Was tun nach einem MotorradunfallEs ist der Albtraum aller Motorradfahrer: Ein Unfall, bei dem du im schlimmsten Fall sogar noch auf dich allein gestellt bist. Damit du im Ernstfall vorbereitet bist, findest du nachstehend grundlegende Tipps, wie du dich nach einem Motorradunfall verhalten solltest. Damit sollte es dir möglich sein, die üblichen Kardinalfehler zu vermeiden, um deinem Recht später nicht hinterherlaufen zu müssen.

Der wichtigste Schritt nach einem Motorradunfall ist die Dokumentation. Damit diese uneingeschränkt durchgeführt werden kann, solltet ihr euch entsprechend vorbereiten. Nehmt am besten einen Stift und einen kleinen Block und verpackt beides in einem kleinen Plastikbeutel, welchen ihr in der Tasche eurer Motorradjacke steckt. Am besten jetzt gleich, noch während ihr diesen Text lest.

Schließlich müsst ihr euch darauf einstellen, dass eine eventuell anstehende Gerichtsverhandlung erst viele Monate nach dem Unfall stattfindet. Bei solchen Verfahren können viele Kleinigkeiten eine entscheidende Rolle spielen. Diese kleinen Dinge sind nach einigen Monaten vergessen, weshalb es sinnvoll ist, alles genau zu dokumentieren. Haltet euch immer vor Augen, dass der Anwalt welchen ihr konsultieren werdet, bei dem Unfall nicht dabei war und dementsprechend auf eure Mithilfe angewiesen ist.

Doch was genau muss eigentlich dokumentiert werden?

Die wichtigste Notiz und somit auch der Eintrittsschlüssel in eine reibungslose Schadensregulierung, ist das Kennzeichen des Unfallgegners. Doch bevor ihr euch an der Unfallstelle Gedanken um euer Recht macht, gibt es natürlich wichtiger Punkte zu beachten. Diese werden in zeitlicher Reihenfolge nachstehend aufgeführt.

1. Die Unfallstelle absichern

Wie ihr in eurem Ersthelfer-Kurs gelernt habt, ist es enorm wichtig als erstes die Unfallstelle abzusichern, um weitere Unfälle zu vermeiden. Denkt bitte daran, dass ihr darüber belehrt worden seid, dass ihr weder euer eigenes noch ein anderes Leben in Gefahr bringen dürft. Deshalb ist es wichtig das Warndreieck in entsprechender Entfernung aufzustellen und sofort die Polizei zu rufen. Falls es am Unfallort Verletzte gibt, ist es natürlich auch extrem wichtig, dass ihr zusätzlich einen Rettungswagen ruft.

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2. Einen kühlen Kopf bewahren

Das klingt leichter gesagt als getan. In erster Linie geht es am Unfallort um die Versorgung potenziell verletzter Personen. Die Schuldfrage wird hier vorerst nicht geklärt, weshalb es wichtig ist erst einmal tief durchzuatmen. Lasst euch von eurem Unfallgegner oder seinen Mitfahrern beziehungsweise den anweisenden Zeugen nicht einschüchtern.

3. Achtet auf die Kommunikation am Unfallort

Wichtig ist auch, dass ihr euch auf gar keinen Fall zu spontanen Schuldanerkenntnissen verleiten lasst. Ganz gleich welcher Person gegenüber. Am besten ihr sagt dazu gar nichts, da sonst euer gesamter Versicherungsschutz verloren gehen kann.

4. Die Dokumentation am Unfallort

Prägt euch ein, dass nichts am Unfallort verändert werden darf. Die eintreffende Polizei muss den Unfallort in seinem Originalzustand vorfinden, um späteres Rekonstruieren zu vermeiden. Es ist äußerst empfehlenswert, dass ihr Fotos macht. Dazu nehmt ihr am besten eurer Handy. Wer kein Smartphone mit Kamerafunktion hat, sollte darauf achten, immer eine Kamera mitzuführen. Das kann zur Not auch eine Einwegkamera sein.

Damit macht ihr dann ausreichend Fotos von den Fahrzeugen wie sich diese in ihren Endstellungen befinden. Achtet darauf, dass ihr nicht nur die Fahrzeuge fotografiert, sondern auch die Umgebung. Es ist deshalb sinnvoll, die Fahrzeuge aus einer entsprechenden Entfernung zu fotografieren, damit Straßenverläufe und Verkehrszeichen ebenfalls deutlich auf den Bildern zu erkennen sind. Falls doch etwas bewegt wird, solltet ihr eine Skizze anfertigen und anschließend fotografieren.

5. Der Verkehrsunfallbericht

Viele Anbieter stellen im Internet einen kostenlosen Verkehrsunfallbericht zur Verfügung. Diesen könnt ihr euch herunterladen, ausdrucken und zusammen mit dem Notizblock und dem Stift im Plastikbeutel in eurer Motorradjacke mitführen. Solltet ihr kein Formular zum Ausfüllen dabei haben, müsst ihr folgende Daten notieren:

Den Namen des Fahrers und den Namen des Fahrzeughalters
Das amtliche Kennzeichen des Unfallverursachers
Die Versicherungsanstalt des Unfallgegners

6. Verschwiegenheit am Unfallort

Da es sich definitiv um eine Ausnahmesituation handelt, in der ihr euch befindet, ist es wichtig, dass ihr keine Angaben zum Unfallhergang macht. Auch nicht gegenüber der Polizei. Selbstverständlich macht ihr Angaben zu eurer Person. Ihr müsst euch keine Sorgen machen, dass die Polizei euch unter Druck setzen wird, wenn ihr keine Angaben zum Unfallhergang macht. Die Verschwiegenheit ist aufgrund der Umstände nachvollziehbar und legitim. Damit erspart ihr euch eventuelle Nachteile, welche später in der Schadenregulierung auftreten könnten.

7. Überprüft das Polizeiprotokoll ganz genau

Sollte es Unstimmigkeiten geben, korrigiert diese sofort. Falsche Sachverhalte müssen noch vor Ort richtig gestellt werden. Am besten ihr notiert euch auch den Namen der anwesenden Polizisten und deren Dienststelle. Falls bereits erstellt, notiert ihr euch auch die Tagebuch- oder Verkehrsunfallnummer.

8. Haltet Abstand

Wichtig ist, dass ihr euch am Unfallort von nichts und niemanden beeinflussen lasst. Manchmale kommen unseriöse Unfallhelfer zum Unfallort, welche versuchen, dir bestimmte Angebote zu unterbreiten. Diese solltest du auf gar keinen Fall annehmen, da diese meistens mit der Abtretung von Schadenersatzsprüchen verbunden sind.

9. Gespräche an den Anwalt verweisen

Sollte es dazu kommen, dass du über den Zentralruf oder die Notrufsäule des Haftpflichtversicherers mit dem Versicherer des Unfallgegners verbunden wirst, lass dich nicht auf ein Gespräch ein. Du kannst höflich aber bestimmt auf deinen Verkehrsrechtsanwalt verweisen und das Gespräch abblocken. Es ist sehr wichtig, dass du absolut keine Vereinbarungen mit dem Versicherer triffst.

Das könnte zum Beispiel eine Vereinbarung über die Wahl der Werkstatt oder auch die Einschaltung von Sachverständigen sein. Lass dich nicht darauf ein und blocke das Gespräch im Vorfeld ab. Schließlich verspricht die Versicherung des Gegners nur im ersten Moment Hilfe. Die wahren Ambitionen beziehen sich aber darauf, dir später so wenig wie möglich zahlen zu müssen.

10. Distanz auch nach dem Unfall

Es kann auch gut sein, dass die Versicherung auch nach dem Unfall Kontakt mit dir aufnimmt und dich anruft. Auch hier solltest du keine Vereinbarungen mit dem Versicherer des Unfallgegners treffen. Du kannst diesen immer an deinen Verkehrsrechtsanwalt verwiesen und das solltest du auch dringend tun.

Die Versicherung versucht in der Regel mit kostenfreien Hol- und Bringdiensten, versicherungsnahen Partnerwerkstätten oder Fahrzeugendreinigungen zu locken. Solche Angebote können dich teuer zu stehen kommen, mal abgesehen davon dass du darauf sowieso einen Anspruch hättest, wenn dies erforderlich wäre.

11. Der Unfallfragebogen des Gegners

Diesen darfst unter keinen Umständen ausfüllen. Erstrecht nicht, wenn dieser Fragebogen aus mehreren Seiten besteht und dazu auffordert, Angaben zum Arbeitsentgelt oder zu persönlichen Verhältnissen zu machen. Informiere in diesem Fall deinen Verkehrsrechtsanwalt und sprich dich mit ihm ab, wie du weiter verfahren sollst.

12. Abtretungserklärungen

Diese darfst du auf gar keinen Fall unterschreiben, ganz gleich wer dir eine vorlegt.
Diese könnte von Werkstätten, Abschleppunternehmen, Rechtsdienstleister und sonstigen Unfallhelfern kommen und dürfen ohne Absprache mit deinem Anwalt nicht unterschrieben werden. Das gilt vor allem auch für Sachverständige, welche dir von der Versicherung nahe gelegt werden, um eine reibungslose Regulierung sicherzustellen. Es ist zwar nicht außergewöhnlich, dass Ansprüche abgetreten werden, jedoch solltest du dies nur nach Absprache mit deinem Anwalt, um dich vor finanziellen Nachteilen zu schützen.

13. Auskünfte gegenüber der Polizei

Solltest du eine Vorladung von der Polizei erhalten, musst du dieser nicht folgen. Zumindest nicht ohne Absprache mit deinem Anwalt. Ganz gleich ob du als Beteiligter, als Beschuldigter oder als Zeuge vorgeladen wirst. Du bist nicht verpflichtet Aussagen gegenüber der Polizei zu machen und solltest davon Abstand nehmen, sofern du dich diesbezüglich noch nicht mit deinem Anwalt auseinandergesetzt hast.

Denn alles was für dich zu sagen gibt, bringt dein Anwalt zu Papier, welches er dann an die Polizei als Ermittlungsbehörde weiterleitet. Sprich alle Einzelheiten immer mit deinem Anwalt ab und halte dich an seine Empfehlungen. Damit ersparst du dir unnötigen Ärger.

14. Eure Gesundheit geht immer vor

Auch wenn ihr nach eurem Motorradunfall keine Schmerzen habt und nicht mit dem Krankenwagen abtransportiert werden, solltet ihr unmittelbar nach dem Unfall sofort zum Arzt gehen und euch gründlich durchchecken lassen. Es ist natürlich umso erfreulicher, wenn euch nichts fehlt. Sollten dennoch Verletzungen diagnostiziert werden, müsst ihr auch diese sofort dokumentieren und fotografieren. Geht es später um das Schmerzensgeld oder auch um den Haushaltsführungsschaden, welchen ihr geltend machen wollt, so sind zwei wichtige Dinge zu beachten: Die Plausibilität und die Kausalität.

Das bedeutet, dass ihr belegen müsst, dass die akute Verletzung auch tatsächlich durch das Unfallereignis verursacht wurde. Schließlich ist nicht jedes kleine Kratzen im Hals auch gleichzeitig ein HWS-Syndrom, welches durch ein Schleudertrauma verursacht wurde. Und dementsprechend sind die Versicherungen auch nicht ambitioniert, ein umfangreiches Schmerzensgeld zu zahlen.

Das Erstellen des Gutachtens

Abschließend ist noch Folgendes zu beachten: Solltest du einen Schaden am Motorrad haben welcher oberhalb der Bagatellgrenze liegt (700 bis 1000 EUR), so musst du dir ein Schadensgutachten anfertigen lassen. Dieses Gutachten wird von einem Kfz-Sachverständigen erstellt. Bekommt dein Unfallgegner die Schuld, so muss dessen Versicherung auch deine Gutachterkosten vollständig übernehmen.

Das betrifft natürlich auch eure Anwaltskosten. Ihr habt an dieser Stelle die Möglichkeit, euren Gutachter selbst auszuwählen. Macht von diesem Recht Gebrauch und fragt am besten euren Anwalt, der mit Sicherheit einen geeigneten Gutachter empfehlen kann. Der Gutachter hat für gewöhnlich einen gewissen Ermessensspielraum, welchen er bei der Erstellung des Gutachtens nutzen kann. Dementsprechend kannst du davon ausgehen, dass er diesen Spielraum zu deinen Gunsten nutzt, wenn sein Auftrag von einer Versicherung kommt, von der wirtschaftlich abhängig ist beziehungsweise weitere Aufträge erhalten möchte.

Eine gute Möglichkeit, für zusätzlichen Schutz zu sorgen, ist die Smartphone App „BikerSOS“. Kommt es zu einem Unfall, registriert die App dies Anhand der Sensoren im Smartphone und verständigt die Rettungskräfte automatisch. Mehr Informationen zu dieser App findet ihr auf www.bikersos.at.

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