Schmierstoffe für MotorräderNach diesem Motto gehen viele bei der Verwendung von Schmierfetten vor.

Während bei Motoren und Getrieben i.d.R. sehr genau auf die Spezifikationen der entsprechenden Ölsorten geachtet wird und teilweise schon dogmatisch über Ölsorten entschieden wird, wird im Bereich Schmierfette oft genug verwendet, was ohnehin grade in der Werkstatt herumsteht.

Man tut einfach so, als käme es überhaupt nicht darauf an, welches Fett verwendet wird – Hauptsache gefettet. Dabei gibt es sehr starke Unterschiede bei den Fetten, und es hängt viel von ihnen ab. Das falsche Fett an der falschen Stelle bedeutet u.U. kapitale Lagerschäden, erhöhten Verschleiß und starke Korrosion. Das falsche Fett kann auch dazu führen, dass Kunststoffteile aufquellen und Gummiteile spröde, auf- oder angelöst werden. Fette sorgen nicht nur für die Schmierung bei sich langsam drehenden Teilen, sondern sorgen auch für Korrosionsschutz bei Drahtseilen, offen laufenden Getrieben und ganz generell Maschinenteilen, die korrosiven Einflüssen ausgesetzt sind.

Wesentliche Fettbestandteile

OM-158 Fliesfett, auch für historische Getriebe ohne Simmerringe

OM-158 Fliesfett, auch für historische Getriebe ohne
Simmerringe

Schmierfette bestehen üblicherweise zu mindestens drei Vierteln aus einem Grundöl, das die eigentliche Schmierwirkung erzeugt. Der zweite Hauptbestandteil sind entsprechende Verdicker, die für die pastöse Konsistenz sorgen. Bei einigen Schmierfetten kommen dann noch Festbestandteile hinzu, die bestimmte zusätzliche Eigenschaften sicherstellen sollen.

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Das Öl im Fett

Die Ölkomponente innerhalb der Schmierfette wird üblicherweise als Basisöl bezeichnet. Wichtiges Kriterium für das Basisöl ist die Viskosität, die normalerweise bei etwa 40 °C angegeben ist und bei normalen Mehrzweckfetten irgendwo zwischen 120 bis 200 mm2/s liegt. Die Viskosität hat dabei einen erheblichen Einfluss auf die Schmiereigenschaften. Dickflüssige Öle erzeugen üblicherweise einen dickeren Schmierfilm auf den bewegten Teilen, führen aber bei schnellen Bewegungen auch zu einer erhöhten Reibung und damit zu einer deutlichen Erwärmung sowohl des betroffenen Lagers als auch des entsprechenden Schmierfetts. Umgekehrt stellt ein zu dünnflüssiges Basisöl die Schmierung in hochbelasteten Bauteilen nicht wirklich sicher.

Abhängig vom Einsatzzweck des entsprechenden Schmierfetts kommen gänzlich unterschiedliche Öle zum Einsatz. In den meisten Fällen werden beispielsweise bei Universalfetten Öle aus Mineralöl eingesetzt. Für spezielle Anforderungen kommen in vielen Fällen synthetische Öle, Silikonöl oder andere Kunststoff-Polymer-Mischungen zur Schmierung in Einsatz.

Verdickungsmittel

Bei Schmierfetten handelt es sich ja um eingedickte Schmieröle. Über den Einsatz entsprechender Verdickungsmittel wird die sog. Konsistenzklasse eingestellt. Die Konsistenzklasse gibt an, wie weich oder zäh ein entsprechendes Fett ist. Normale Mehrzweckfette sind üblicherweise in der Klasse 4 eingestuft. Dünnflüssige Fließfette werden in der Klassifikation zwischen 000 und 00 angeboten, spezielle Korrosionsschutz- oder auch Hochdruckfette liegen teilweise in der Konsistenzklasse 4. Diese Fette sind so zäh und schwer aufzubringen, dass sie üblicherweise zur Aufbringung mit einem entsprechenden Verdünner vermischt aufgetragen werden, der nach Anbringung verdunstet und den sehr zähflüssigen und sehr haftfähigen Schmierfilm auf der zu schmierenden Oberfläche belässt.

Zum Einsatz als Verdicker kommen gänzlich unterschiedliche Werkstoffe.

Alkalimetalle
Für jede Anwendung das richtige Fett, Hochdruck/Temperaturfett, Graphitfett, Universalfett (Lithium), Molybdänfett, Calciumseifenfett

Für jede Anwendung das richtige Fett,
Hochdruck/Temperaturfett, Graphitfett, Universalfett (Lithium),
Molybdänfett, Calciumseifenfett

Die meisten heute gebräuchlichen Universalfette werden mit dem Erdalkalimetall Lithium verseift.

Bedingt durch das Trägermaterial Lithiumseife oder Lithiumkomplexseife kann das Schmierfett in einem Temperaturbereich bis 150 °C, in speziellen Fällen sogar bis 180 °C, eingesetzt werden. Für spezielle Einsatzfälle werden auch natriumverseifte Fette angeboten. Fette mit Erdalkalimetallen als Verseifung eignen sich hervorragend für Gleit- und Wälzlager. Problematisch an Erdalkalimetallen als Verseifungselement ist die bei Natrium nicht gegebene Wasserfestigkeit, die bei Lithiumverseiften Fetten bestenfalls als ausreichend beschrieben werden kann. Durch entsprechende Additive kann die Wasserfestigkeit von Lithiumfetten aber nochmals deutlich verbessert werden, so dass entsprechend legierte lithiumbasierte Fette eine ausreichend bis gute Schutzwirkung und Wasserfestigkeit entwickeln.

Ein großes Problem beim Einsatz von speziell lithiumverseiften Fetten ist die Unverträglichkeit von lithiumbasierten Fetten mit Kunststoffwerkstoffen. Das betrifft sowohl Nylon wie auch bestimmte Polyamidsorten als auch Gummi. Werden beispielsweise mit Polyamid ausgebüchste Wellenverbindungen mit Lithiumfett gefettet, führt das Quellen des Trägermaterials u.U. zu einem Klemmen der entsprechenden Drehverbindung. Bei manchen Fahrzeugen werden die Schwingenlager in Gummi ausgeführt (das ist auch Standard bei Anhängern). Werden die entsprechenden Lager unter dem Einsatz von lithiumverseiften Fetten eingebaut, verkürzt dies üblicherweise deutlich die Lebensdauer der entsprechenden Gummielemente. Grundsätzlich sollte also, sobald Kunststoff im Spiel ist, kein Lithiumfett verwendet werden.

Erdalkalimetalle

Als Erdalkalimetalle werden üblicherweise Magnesium- und Kalziumsalze eingesetzt (Kalkseife). Im Gegensatz zu Alkalimetallen eignen sich erdalkalibasierte Fette weniger für den Einsatz in Gleit- und Wälzlagern, sind aber besser geeignet für offene Getriebeverzahnungen. Von Haus aus sind die entsprechenden Fette auf Erdalkalimetallbasis extrem wasserfest und hervorragend für den Korrosionsschutz.

Bedingt durch den Einsatz des Verseifungsmittels sollten entsprechende erdalkalimetallbasierte Fette jedoch nicht bei Temperaturen über 120 °C eingesetzt werden.

Metallbasierte Seifen

Auch eine Verseifung mit entsprechenden Leichtmetallen, wie beispielsweise Aluminium, ist möglich. Aluminiumbasierte Fette können bei entsprechend chemischer Ausrüstung eine ähnliche Wasserfestigkeit und Korrosionsschutzeigenschaften entwickeln wie lithiumverseifte Fette. Allerdings ist der Temperaturbereich dann begründet auf der Aluminiumseife bis maximal 200 – 220 °C gegeben.

Aluminiumfette sind Universalfette wenig verbreitet, sondern werden eher im Hochtemperaturbereich eingesetzt.

Andere Verdickungsstoffe

Neben den bereits beschriebenen Verdickungsstoffen werden in Spezialfetten auch

Keramikfett, Siliconfett, Teflonfett und Tieftemperatur MOS2 Fett ( aus Armeebeständen - G353 )

Keramikfett, Siliconfett, Teflonfett und
Tieftemperatur MOS2 Fett ( aus Armeebeständen – G353 )

andere Stoffe eingesetzt. Dies sind u.a. Polyharnstoff, PTFE-Verbindungen (Teflon), in Sonderfällen auch mineralische Substanzen, wie Bentonite oderTonerde.

Die entsprechenden Fette sind üblicherweise für Spezialanwendungen ausgelegt und unterliegen jeweils spezifischen Beschränkungen.

So ist beispielsweise der Einsatz von Tonerde oder Betoniten in Gleit- und Wälzlagern undenkbar (ein entsprechender Einsatz führt sehr schnell zu einem kapitalen Lagerschaden), sondern wird, wenn überhaupt, als Schmiermittel nur bei offen laufenden Zahnradgetrieben benutzt, i.d.R. aber nur als entsprechendes Korrosionsschutzfett.

Anforderungen an Schmierfette

Schmierfette sollen eine Vielzahl unterschiedlicher Anforderungen abdecken, die sich z.T. auch widersprechen.

  • Korrosionsschutz
  • Haftvermögen
  • Chemikalienbeständigkeit
  • Druckfestigkeit
  • Langzeitstabilität
  • Wasserfestigkeit
  • Umweltverträglichkeit (biologische Abbaufähigkeit)

Durch entsprechende Zusätze können die entsprechenden Parameter für das Fett entsprechend eingestellt werden. Allerdings unterliegt die Formulierung des Fettes entsprechenden Grenzen, z.B. der Temperaturbeständigkeit des zugrundeliegenden Verseifungsmittels. Erdalkalibasierte Seife (Kalzium, Magnesium) wirken im Dauerbetrieb deshalb nicht über 120°C hinausgehend. Bei lithiumbasierten Fetten liegt diese Grenze bei 150 °C bis 180 °C, bei aluminiumbasierten Fetten bei 200 bis 220 °C. Höhere Temperaturen können nur mit silikonbasierten Fetten (250 °C) und PTFE-basierten Fetten (300 °C) erreicht werden. Bei Fetten für noch höhere Temperaturen verdampft i.d.R. das flüssige Trägermaterial und zurück bleiben entsprechende Feststoffschmieranteile.

Eine Auswahl an Schmierstoffen und Fetten findest Du hier.

Feststoffschmieranteile

Einer der bekanntesten Feststoffschmieranteile ist Molybdänsulfid MOS.

Bei gleichzeitiger Verbesserung der Schmierfähigkeit ist eine Schicht aus Molybdänsulfid ein hervorragender Festschmierstoff für Temperaturen bis 450 °C. Molybdänlegierte Fette haben also neben verbesserten Schmiereigenschaften auch hervorragende Notlaufeigenschaften. Nachteilig an den entsprechenden Fetten: Fettflecken in Kleidung lassen sich im Prinzip nur noch mit einer Fleckenschere entfernen.

Noch höhere Temperaturen hält Graphit als Festschmierstoff aus. Allerdings ist hier Vorsicht geboten. Bei Einsatz von messingbasierten Gleitlagern führt der Einsatz von graphitlegierten Fetten zu einem deutlich höheren Verschleiß.

Manche Landmaschinenhersteller schließen deshalb die Gewährleistung aus, wenn beim Einsatz der Landmaschinen graphithaltige Fette zum Einsatz kommen. Die im Öl befindlichen Graphitbestandteile sind u.U. ähnlich hart wie die Messinglagerschalen, was zu einem entsprechenden Verschleiß der Lager führt. Auch andere Buntmetalle zeigen dieses Verhalten.

Optimal ist der Einsatz von graphithaltigen Fetten aber bei offen laufenden Zahnradgetrieben aus Eisen oder gehärtetem Stahl. Hier kommen alle Vorteile des Festschmierstoffs Graphit voll zum Tragen.

Bezüglich der Fettflecken von graphitbasierten Fetten gilt das Gesagte wie auch bei Molybdänfetten.

Schmierfette mit noch höheren Temperaturfestigkeiten werden üblicherweise weniger als Schmierfett, sondern als Trennfett eingesetzt, um das Festfressen von hochbelasteten Bauteilen zu verhindern. Durch den Einsatz entsprechender weicher Metalle können so Fette für einen Temperaturbereich bis 1200 °C hergestellt werden. Noch höhere Temperaturen sind mit keramischen Fetten möglich, die im Temperaturbereich bis 1500 °C eingesetzt werden können.

Minimalausstattung für die Werkstatt

Was sollte man also als Minimalausstattung in einer gut sortierten Werkstatt vorhalten?

Spezielle Fette gibt es in Tuben, z.B. für Bremszylinder, Bremdteile und Leichtmetallgleitflächen

Spezielle Fette gibt es in Tuben, z.B. für Bremszylinder,
Bremdteile und Leichtmetallgleitflächen

Für allgemeine Gleit- und Wälzlageranwendungen genügt ein lithiumbasiertes Fett (das, sofern man keine Angst vor Flecken hat, gerne auch mit Molybdänsulfid legiert sein kann). Fette wie das Völkl KX1 haben neben einer hervorragenden Schmierwirkung durch den Zusatz entsprechender Additive auch einen erweiterten Temperaturbereich (180 °C dauerbelastbar), eine erhöhte Wasserfestigkeit und eine sehr gute Korrosionsschutzwirkung.

Zur Schmierung von Kunststoffteilen kann ein entsprechendes Silikonfett zum Einsatz kommen. Sofern dieses Silikonfett als lebensmittelecht deklariert ist (H1-Spezifikation), kann man damit im Notfall auch die Brühgruppe seiner Kaffeemaschine fetten. Für den reinen Werkstattbetrieb ist wahrscheinlich ein teflonbasiertes Fett besser, da es sowohl von der Schmierwirkung als auch vom Korrosionsschutz erheblich günstiger als ein entsprechendes Silikonfett abschneidet. Teflonfette sind üblicherweise aber nicht als H1 spezifiziert.

Ein weiterer Spezialist, den man eigentlich vorhalten sollte, ist ein Bremsenfett. Ein Bremsenfett ist so formuliert, dass auch unter extremen Temperaturen das Fett an der Schmierstelle verbleibt, also beispielsweise an den metallischen Führungsflächen der Bremsbeläge oder an den Bremsnocken bei Trommelbremsen. Dieses Fett kann üblicherweise auch als Unterbrecherfett eingesetzt werden, da dieses Fett dann auf dem Nocken des Unterbrechers bleibt und weder durch Temperatur noch Drehzahl auf den Kontakt gelangen kann.

Etwas altmodisch mag die Benutzung von Polfett/Kontaktfett anmuten. Pol- oder Kontaktfett ist ein reines Korrosionsschutzfett für Kontakte und Batteriepole. Es schützt gegen die Einwirkung von Batteriesäure und schützt entsprechende Kontakte vor Korrosion unter Wassereinwirkung. Gerade in Geländefahrzeugen mit gelegentlicher Flussquerung ist es sicher nicht verkehrt, nahezu alle Kontakte mit entsprechendem Kontaktfett zu behandeln. Kontaktfette basieren üblicherweise auf Kalkseife und sind deshalb hervorragend gegen Wassereinwirkung geschützt.

Es gibt von der Firma Klauke auch ein Kontaktfett ( KF125 ) mit abrasiven Bestandteilen speziell für die Verwendung bei Steckverbindungen. Dabei wird durch im Fett vorhandene Schleifpartikel ( Korund ) die Oxydschicht der Kontakte aufgebrochen. Allerdings geht das dann zu Lasten der Kontaktlebensdauer … und sollte deshalb nur mit Vorsicht eingesetzt werden. Die Steckkontakte der Anhängersteckdose wären ein möglicher Anwendungsfall…

Für Schrauben an Bremssystemen, Stehbolzen und Auspuffverschraubungen sollte auch ein keines Tübchen Keramikfett nicht fehlen. Abgesehen vom Universalfett genügen von allen anderen Spezialfetten kleine Tuben.

Eine Auswahl an Fetten und Schmierstoffen findest Du hier.

Dies ist ein Gastbeitrag von Hans-Joachim B. Seit 25 Jahren restauriert Hans-Joachim Motorräder und kann so auf einen breiten Wissensstand zurückgreifen.